Der Imbiss im Innsbrucker Stadtteil St. Nikolaus reiht sich unscheinbar in die Geschäfte und Lokale der Innstraße. Wer aber in die bescheidenen Räumlichkeiten eintritt, den empfängt zur Mittagszeit ein Allerlei an Düften: Frisch gebackenes Brot, Kebap-Fleisch, Falafel, Tomaten, Petersilie und das unvermeidbare Fett erzeugen ein Geruchsbild, das viel Fülle auf wenig Raum verspricht. Außerdem trifft man auf meist junge Menschen, die auf der Suche nach einer unkomplizierten, geschmackvollen Mahlzeit sind. Und auf Sultan Pehlivan, die seit nunmehr neun Jahren dieser Suche ein Ende bereitet.
Dass Pehlivan mal ein eigenes Restaurant führen wird, ist mehr dem Lauf des Lebens geschuldet als einem willentlichen Entschluss. Nach einer komplizierten Ehe stand sie vor der Frage, ob sie das gemeinsam mit ihrem Ehemann aufgebaute Geschäft allein weiterführen möchte oder nicht. Sultan Pehlivan entschied sich für das Restaurant und sagt heute: „Obwohl das Lokal nicht mein Traum war, wurde es meine Leidenschaft.“ Inzwischen ist ihr Imbiss eine Institution in St. Nikolaus. Sultan Pehlivan ist zufrieden. Ihr Weg war jedoch beschwerlich.
Liebe heilt alles.
Sultan Pehlivans Eltern waren türkische Gastarbeiter. Mit fünf Jahren kam sie nach Tirol. Schon in der Volksschule stoß Pehlivan auf Anfeindungen wegen ihrer Herkunft. Unterstützung erhielt sie in dieser Zeit wenig. Nur eine Lehrerin stand ihr bei und zeigte ihr: „Liebe heilt alles – und Bildung. Ich habe viel gelesen.“ Eigentlich wollte Pehlivan studieren und als Geschäftsfrau in die Welt hinausgehen. Doch das war nicht möglich, und so fing sie schon früh an, zu arbeiten. Ihre Prinzipien und ihr Lebensmotto „Liebe geben, Liebe nehmen“ bringt sie heute in ihrem kleinen Lokal ein. Dazu gehört vor allem ein respekt- und verständnisvoller Umgang mit ihren Gästen. „Ein Inhaber muss präsent sein. Er muss auch mal fragen: ‚Hey, wie geht’s dir?‘“, erklärt Pehlivan. Viele kommen nicht nur, weil sie ihr Falafel-Sandwich, Menemen oder Pide schätzen, sondern auch wegen Sultan Pehlivans einfühlsamer Art. Aus mancher Geschäftsbeziehung wurde Freundschaft. Das Geschäft ist im „Mis Kebap&Döner“ nicht alles.
Die persönlichen Beziehungen spiegeln sich auch auf der Speisekarte wider. Bei den Falafeln etwa hat Sultan Pehlivan das Rezept in Rücksprache mit ihren Stammkundinnen und -kunden so lange variiert, bis alle glücklich waren. Der kulturelle Austausch ist ihr wichtig: „Wir sind interkulturell und das Zusammenleben geht auch in Frieden.“ Das fließt auch in die Gerichte ein. In ihre Hummuskreation kommen nicht nur türkische und arabische Gewürze, sondern auch Tiroler Kräuter. So entstand eine bunte, vielfältige Karte, auf der mehr als bloß Döner und Dürüm stehen.
Nur was schmeckt.

Sultan Pehlivan ist klar, dass sie kein Luxusrestaurant führt: „Das ist ein einfaches Lokal.“ Angeboten wird hier nur, was auch ihr selbst schmeckt. Alles andere sei auch unglaubwürdig. Das heißt jedoch nicht, dass sie sich Neuem gegenüber verschließt. Viele ihrer Gäste verzichten auf tierische Produkte. Daher schuf Sultan Pehlivan eine vielseitige vegetarisch-vegane Auswahl. Wie gut veganes Pide schmecken kann, hat sie selbst überrascht. Mundet das Essen den Gästen dann noch gleichermaßen, freut sich Pehlivan besonders: „Wenn ich das Glück von den Augen ablesen kann – das ist so schön.“
Auch heute trifft Sultan Pehlivan als kopftuchtragende Geschäftsfrau noch auf Ablehnung. In der eher konservativen türkischen Gemeinschaft ist eine Frau als Geschäftsführerin schwer vorstellbar. Andere stören sich an ihrem Kopftuch. Sultan Pehlivan stellt sich diesen Vorurteilen entgegen: „Jeder ist Mensch, man muss jeden nehmen, wie er ist.“ Und: „Ich will zeigen, dass eine Frau einen Kebap-Laden führen kann.“
Sultan Pehlivan verrät ihr Rezept für den türkischen Klassiker aus Tomaten, Paprika und Ei.
Menemen in der Pfanne
Für 2 Personen
Zutaten:
- 2 mittelgroße Tomaten
- 1 Zwiebel
- 4 Paprika (rot und grün)
- 1 Knoblauchzehe
- 2 Eier
- 2 EL Olivenöl
- etwas Salz und Pfeffer
- Rucola oder Petersilie
zum Garnieren
Zubereitung:
Zunächst in einer Pfanne Olivenöl erhitzen. Zwiebel und Paprikapulver hinzugeben und goldgelb anrösten. Dann den Knoblauch hacken, gemeinsam mit den gewürfelten grünen und roten Paprika beimengen, umrühren und für 15 Minuten bei niedriger Hitze braten. Die Tomaten in Stücke schneiden und in die Pfanne geben. Für ein paar Minuten köcheln lassen und dann mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Eier verquirlen, einrühren und stocken lassen. Die Pfanne vom Herd nehmen und mit Rucola oder Petersilie bestreuen. Sultan Pehlivan empfiehlt zum Menemen schwarze Oliven, Fladenbrot und Tee. „Afiyet olsun!“ Guten Appetit!