2001: ODYSSEE IM WELTRAUM
In 142 Minuten werden in Stanley Kubricks Meisterwerk aus dem Jahr 1968 nicht weniger als vier Millionen Jahre Menschheitsgeschichte erzählt. Wie das Weltall selbst eröffnet dieser Film schier unendliche Interpretationsräume. Wer sind wir, woher kommen wir, wo befinden wir uns? Natürlich auf einer Irrfahrt durch Raum und Zeit. Es ist dies eine Irrfahrt, auf der wir uns ständig verwandeln. Erzählen kann man das nicht, höchstens zeigen – in Bild und Ton, in Repetition und Variation, in Wiederkehr und Neuanfang. Der Film ähnelt einem auditiv-visuellen Rausch, einer tranceartigen Erfahrung, die ganz bewusst Perspektiven auflöst und unsere konventionelle Film-Wahrnehmung untergräbt. Die Unendlichkeit, die Drehung, das Kreisen, die ewige Wiederkehr wird zum Erzählprinzip. Und „2001“ zur Kino-Ikone, zum Höhepunkt einer Kunstform.


STAR WARS
Es gibt Raumschiffe, wir befinden uns im Weltall – und doch ist „Star Wars“ weit weniger Sci-Fi als „Star Trek“, „Alien“ oder „Dune“. Vielmehr liegt der Reiz dieser Space Opera in ihrer universellen Gültigkeit, ja: Schlichtheit. Gut und Böse, Liebe und Hass, die Symbolik könnte nicht klarer, die Rhetorik nicht eindeutiger sein. Die Genialität von „Star Wars“ liegt zum einen in einer eigenen Bildersprache und zum anderen in der Synthese, in der postmodernen Verknüpfung antiker Mythen, archetypischer Figuren und politisch-historischer Anspielungen mit futuristischen Schauplätzen und Special Effects. Regisseur und „Erschaffer“ George Lucas gibt uns hier buchstäblich alles, aber eben nur als Zitat, als Oberfläche, als Probe. Und so ist „Star Wars“ wie Fast Food, es macht nicht satt, aber alle ziehen sich das Zeug rein.
SOLARIS
1972 zeigt Andrei Tarkowski, dass die fremde, außerirdische Welt nur als Spiegel der eigenen Innenwelt existiert. Die Psyche als das eigentliche Weltall. Was wir dort finden, werden immer nur wir selbst sein. Enigmatisch, symbolisch, mehrdeutig ist „Solaris“ Sci-Fi für Intellektuelle. Auf der Raumstation beherrscht ein Ozean, eine Art künstliche Intelligenz, die Erinnerung und Wahrnehmung der Astronauten, und der menschliche Geist bleibt – wie im Schlussbild – ein Eiland in diesem Meer an Illusionen. Verstehen werden wir diese KI nicht, sicher ist nur: Sie ist ein Spiegel unserer Selbst, unserer Erinnerungen, unserer Traumata. „Solaris“ lehrt uns auch, wie die Kunst und Kultur aus vergangenen Tagen vielleicht ein Gegengewicht zur unendlichen Leere des Weltenraums sein könnte.


DIE REISE ZUM MOND
Bereits 1902 ist klar: Der Film, das ist die Zukunft. Und bereits zu Beginn der Filmgeschichte zeigt Georges Méliès’ „Die Reise zum Mond“, worum es in diesem neuen Medium eigentlich geht. Um Poesie, Fantasie, Neugier und Entdeckergeist. Um mutig dorthin zu gehen, wo noch kein Mensch gewesen war. Das Weltall gleichsam als Symbol für das Kino selbst. In 15 Minuten bauen Wissenschaftler eine Rakete, fliegen zum Mond, begegnen Außerirdischen, erleben Abenteuer – und kehren zurück. Der Mensch gegen das Unbekannte. Science-Fiction in Reinkultur. Dazu noch fantasievolle Sets und genrebegründende Spezialeffekte wie Stop-Motion-Animation, Überblendungen, Doppelbelichtungen. Hier wird tatsächlich eine neue Welt sichtbar.
HIGH LIFE
Und wieder sind Raumschiff und Weltall ein Vorwand, um existenziellen Fragen der Menschheit nachzuspüren. 2018 stürzt Claire Denis ihre Protagonisten in eine düstere und perverse Versuchsanordnung, die unser Verhältnis zu Gewalt, Sex und Tod auslotet. Eine klassische Chronologie wird zugunsten von Rück- und Vorausblenden ausgehebelt. Was entsteht, ist eine sehr eigene, virtuos bebilderte Vater-Tochter-Geschichte zum betörenden Soundtrack der Tindersticks um Stuart Staples. Im schmutzigsten Raumschiff der Filmgeschichte regiert schmerzhafte Körperlichkeit, ganz ohne Aliens. Das Weltall ist hier kein Ort der Hoffnung, des Aufbruchs, der Grenzverschiebung. Vielmehr ist es Schauplatz für einen bizarren Trip von Verdammten, dabei erst Gefängnis und schließlich Grab.
